
Die Stiftung Warentest hat acht Coaching Ausbildungen getestet. Bei einer Zahl von mindestens 300 Ausbildungen ist das nicht wirklich viel, insofern soll es hier nicht um die Ergebnisse des Tests selbst gehen. Interessanter ist da, welche Gütekriterien für eine Coaching Ausbildung die Warentester aus dem Test abgeleitet haben.
Mit anderen Worten: Wann ist eine Coaching Ausbildung laut Stiftung Warentest wirklich gut?
Erstmal: Über diese Kriterien kann man streiten, sie sind aber auf einem schwer zu durchblickenden Markt immerhin ein Meilenstein, hin zu einer besseren Bewertbarkeit der Ausbildungen. Übrigens: Die Stiftung Warentest spricht aufgrund der Uneinheitlichkeit der Lehrgänge nicht von „Ausbildung“ sondern von „Qualifizierung“ oder „Lehrgang“. Auch wenn dieser Artikel die Gütekriterien der Stiftung Warentest zusammenfasst, bleibt es bei der Vokabel „Ausbildung“ – gelernt ist gelernt.
Dauer und Zeitraum einer Ausbildung
- Eine gute Ausbildung solle mindestens 250 Zeitstunden Präsenzunterricht beinhalten,
- verteilt über zwölf Monate.
Ob eine lange Ausbildung auch gut ist bzw. eine kürzere schlecht, darüber lässt sich diskutieren. Worüber man im Rahmen der Warentest-Kriterien noch diskutieren kann, lesen Sie weiter unten.
Weitere Kriterien
Die weiteren Kriterien hat die Stiftung Warentest in die drei Blöcke „Vermittlung“, „Abschluss“ und „Inhalt“ unterteilt.
Gütekriterien rund um die Vermittlung der Inhalte – die Stiftung Warentest empfiehlt
- Gruppengröße: 10 bis 15 Teilnehmer
- Dozentenanzahl: Mindestens zwei, die jedoch nicht gleichzeitig anwesend sein müssen (so lernen die Teilnehmer unterschiedliche Konzepte)
- Praxis im Unterricht: Übungen in Gruppen, in Paaren und einzeln sind wichtig sowie Rollenspiele
- Praxis außerhalb des Unterrichts: Verpflichtend sollten sein Supervision (Gespräche über die ersten Erfahrungen mit einem Supervisior, z. B. dem Dozenten), Intervision (Gespräche über die ersten Erfahrungen mit Gleichgestellten, also z. B. mit anderen Teilnehmern), Arbeit in Peergroups (ähnlich der Intervision, jedoch häufig erweitert um das sich gegenseitige Coachen zu Übungszwecken).
Ob ein Anbieter die empfehlenswerten Kriterien erfüllt oder nicht, erfahren Sie zum Beispiel auf seiner Internetseite, in Katalogen oder am Telefon – in der Regel sind potentielle Coaching Lehrer gern bereit, mit zukünftigen zahlenden Kunden zu telefonieren oder sich zu treffen.
Gütekriterien zum Abschluss der Ausbildung
Die Ausbildung sollte mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Ideal sind nach Meinung der Warentester:
- ein dokumentierter Coachingfall,
- eine schriftliche Arbeit zu einem vereinbarten Thema sowie
- eine mündliche Prüfung mit integrierter Coaching-Übung.
Gütekriterien zum Inhalt
Die Inhalte, die eine gute Coaching Ausbildung lehren sollte, beziehen sich im Rahmen des Tests speziell auf eine Business Coaching Ausbildung. Die Ausführungen zu den Inhalten, die sich durchaus auf viele andere Ausbildungsarten übertragen ließen, finden Sie hier: zum Artikel.
Kritik am Test und an den Kriterien
Wie gesagt, der Test ist ein wichtiger Schritt hin zur ausgereiften Entscheidung, welche Coaching Ausbildung für den zukünftigen Coach die richtige ist. Gleichzeitig gibt es einige Punkte, die man kritisieren kann.
Kritikpunkt I: Die eigene Haltung wird zu wenig thematisiert
So wurde in den Kriterien beispielsweise nicht berücksichtigt, wie sehr den Auszubildenden die Möglichkeit eingeräumt wird, in der Ausbildung ihren eigenen Coach-Stil und ihre eigene Haltung zu entwickeln.
Gerade die Herausarbeitung einer ganz persönlichen Herangehensweise kann aber für viele zukünftige Coaches ganz zentral sein. Denn was nützt ein Tool oder eine Methode, wenn der Anwender es nicht auf der Basis einer gesunden, reflektierten und umfassenden Sichtweise heraus tut? (siehe dazu auch unsere Punkte, was eine gute Coaching Ausbildung noch beinhalten sollte)
Kritikpunkt II: Mehr Selbststeuerung, weniger Kontrolle
Ferner sollte die Bildung einer Übungsgruppe (Peergroup) durch den Ausbilder laut Warentest verpflichtend sein, Selbststeuerung wird den Auszubildenden offensichtlich nicht zugetraut.
Das ist schade, denn die eigenständige Bildung von Peergroups kann eine interessante Erfahrung sein, über die man wunderbar in der Gruppe sprechen kann. Wenn einige Teilnehmer es beispielsweise nicht hinbekommen, eine Übungsgruppe zu bilden, kann man im Plenum über deren Motivation sprechen. Und darüber, ob es Widerstände gegen die Ausbildung gibt bzw. ob man die Motivation noch steigern kann. Auch wenn das einigen unbehaglich erscheinen mag, sind solche Diskussionen und Gespräche im Präsenzteil der Ausbildung auf dem Weg zum Coach Gold wert. Denn sie steigern die Reflexionsfähigkeit, die Bewusstheit und die Fähigkeit, über sich und seine Bedürfnisse sprechen zu können.
Kritikpunkt III: Stiftung Warentest sagt nichts aus über die Qualifikation der Ausbilder
Zunehmend finden sich Ausbildungs-Angebote am Markt von gerade erst selbst ausgebildeten Coachs (oder Menschen aus anderen, verwandten Disziplinen wie z.B. Psychologen oder Berater) ohne eigene Berufserfahrung als Coach oder Trainer. Selbst viele Coaching-Berufsverbände haben diesen Aspekt bisher stark vernachlässigt. Anja Mumm (Lehrcoach aus München) schrieb uns dazu: „Hier tut sich im Markt eine Lücke auf, die wenn es um Qualität in der Ausbildung von Coachs geht, schnellstens geschlossen werden sollte. Denn die Qualität der Ausbildung steht und fällt mit der Kompetenz der Ausbilder. Das wissen wir spätestens seit unserer eigenen Schulzeit.”
Autor: Heiner Diepenhorst
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